Lernwerkstatt - Spiel- & Bildungsraum

Mittels Phantasie, Spiel und Kunst lässt sich nicht gleich die ganze Welt verändern - aber bewegen allemal.


Warum-Weshalb-was hat Spiel mit Bildung zu tun?


Die scheinbar einfache Frage "Was ist Spiel?"scheitert schon an grundsätzlichen Merkmalen:

Ist Spielen ein Zustand oder eine Tätigkeit, ist es ein physischer, psychischer oder geistiger Prozess?

Der Ursprung des Wortes "Spiel" stammt vermutlich aus dem Althochdeutschen "spilen" = das Fließende, Bewegliche,das Schwebende, sich Bewegende.

Heute hat der Begriff „Spiel“ mehrsinnige Bedeutung erlangt. In immer schnellerem Tempo werden künstliche Spiel- Fun und Erlebniswelten mit einer unabwendbaren Flut von Spiel-Produkten angeboten. Im Glanz aufwendiger Werbung, im Verbund von Merchandising und eingetragenen Marken, wurde das Spiel zur Ware, die Spielzeugindustrie hat Kunde Kind als Individuum entdeckt. In die Kinderzimmer hat der Computer Einzug gehalten.

Stundenlang sitzen die jungen Menschen, meist allein, gebannt vor dem Bildschirm, um sich bewegungsreduziert durch vorgefertigte, bewegte Spielwelten zu navigieren. Oft ersetzt der PC den Spielgefährten. War früher einmal die Fantasie das Programm, so ist nun das Programm die Wurzel und Basis der Fantasie.

In einer Vielzahl  alltäglicher Redewendungen spiegelt sich die Komplexität des „Phänomens“ Spiel wieder.

Das haben wir spielend gemeistert.

oder

wie das Leben so spielt. Spielend lernen fürs Leben.

oder

das ist doch alles ein Kinderspiel.

Trotz allem, die Katze spielt anders mit der Maus als ein Kleinkind mit den Bauklötzen, Kartenspiel ist etwas deutlich anderes als Verstecken oder Räuber- und Gandarm und dann gibt es noch Glücksspiele, Geschicklichkeitsspiele, Rollenspiele, Regelspiele, Strategiespiele, Schattenspiele, Puppenspiele, Wortspiele und manchmal auch gar die gute Miene zum bösen Spiel.

Die spielerische Neugier von Jung und Alt wird von Kulturpädagogen genutzt, um ,durch den gezielten Einsatz von Kunst- und Kulturformen sowie Spiel als Methode, Inhalte erlebbar, greifbar und somit lernbar zu machen, um letztlich Bewegung in die Köpfe zu bringen.

Spiel ist somit einerseits eine Methode zur Vermittlung von Inhalten, andererseits aber auch eine vom Spielenden freiwillige, selbst bestimmte Zugangsweise auf die Phänomene dieser Welt.

 

Soziales Lernen

In der Gruppe sind besonders viele spielerische Methoden zum Erproben unterschiedlichen Verhaltens möglich: Das spielerische Erleben unterschiedlicher Gefühle und Gedanken bei Kooperations- und Konkurrenzspielen.

Gerade die Reflexion nach dem Spiel eröffnet uns neue Sichtweisen.

Wahrnehmung

Die individuelle unterschiedliche Wahrnehmung von Gegenständen, Räumen, Personen im Spiel und der Austausch darüber in guter Atmosphäre, ermöglicht die Darstellung individueller Erlebnisse und Verständnis für mögliche unterschiedliche Sichtweisen.

Ausdruck

Das darstellende oder gestalterische Spiel fördert den Ausdruck ohne Druck durch eine bewertende Instanz. Gemeinsam in der Gruppe kann erlebt werden welche unterschiedlichen Standpunkte es gibt, wem was gefällt, welche Kriterien zugrunde liegen, wie diese gesellschaftlich bestimmt sind usw.

Kreativität

Spiele in der Gruppe sind für den Ausdruck vorhandener Fantasie von großer Bedeutung. Gruppen entwickeln meistens mehr Ideen als Einzelpersonen, sie inspirieren sich gegenseitig, das Zusammenspiel beim Erfinden neuer Ideen macht Spaß.

Hier lernt man unterschiedlichste Fantasien kennen, kann sie stehen lassen, sich an ihnen reiben, sich auf sie einlassen.

Bildung heißt:

  • Gesellschaftliche Veränderungen begreifen und gestalten können
  • Sich orientieren können und daraus Handlungsschritte abzuleiten
  • Bewerten können und sich abgrenzen können
  • Neben dem wissenschaftlichen und kognitiven, auch spielerische, ganzheitliche, experimentelle Zugänge zur Wirklichkeit zu haben

Spiel und Bildung- so verstanden- haben Gemeinsamkeiten.

  • So vermitteln  beide Orientierungs- und Gestaltungsmöglichkeiten.
  • Sie führen beide zu Bewertungen und bieten damit Maßstäbe für eigenverantwortliches Handeln.
  • Beide ermöglichen neue Erfahrungen und Reflexionen.
  • Beide bilden einen Lernraum für lebensweltlich orientierte Bildung.

Spiel- und Bildungsraum - Bewegung im eigenen Kreis?

Mit unseren inszenierten Spielprojekten eröffnen wir passfähige Erfahrungswelten.

In vielfältiger Ausformung orientiert an der Lebenswelt von Kindern- und Jugendlichen.

Einige Kunstschulkinder der Gründerzeit sind heute als Jugendliche und junge Erwachsene in Projektplanung und Umsetzung mit eingebunden.

Sie bringen ihren jugendkulturellen Stil und Aspekte selbstbewusst in die Arbeit der Einrichtung mit ein, partizipieren auf Praktikantenebene und sichern somit auch Innovation und die damit verbundene Bewegung.

Wer als junger Mensch erlebt, wie eigene Ideen sich in Spielwelten, sei es in der Gruppe oder im inszenierten Raum, umsetzen lassen, wird dieses Vertrauen im Idealfall auch auf sein späteres Leben übertragen. Eine gute Voraussetzung, dass Lernen mit Spaß und Freude ein Leben lang gelingt.

Prof. Rudolf Seitz
Kunstpädagoge 

im Gespräch mit Sabine Keerl-Bahr
Sendetag: 18.09.1998, 20.15 Uhr (mehr)

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